Mi país imaginario – Ein Kampf um Gerechtigkeit
- Noémi Müller
- 12. Jan. 2023
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 13. Jan. 2023
Im Oktober 2019 starten in Chile, dem südamerikanischen Land, eine Reihe von sozialen Protesten. Die Wut hat die Angst übernommen und Millionen von Menschen gehen auf die Strasse, um gegen Armut und Ausbeutung zu demonstrieren. Im Film “Mi país imaginario” von Patricio Guzmán, dem chilenischen Filmregisseur, wird die chilenische Revolution in packenden Bildern und Aufnahmen aufgezeigt. Die Dokumentation kommt am 6. Oktober 2022 in die Kultkinos der Deutschschweiz. Mit einer Länge von 83 Minuten bekommt man einen Einblick in die Welt des Kampfes.
Begonnen hat alles mit der Erhöhung der U-Bahnpreise. Schüler*innen stürmen die Stationen und machen ihrem Ärger Platz. Verbrannte Busse und U-Bahnen sind das Ergebnis. Daraufhin verhängt der chilenische Staatspräsident Piñera den Ausnahmezustand in der Hauptstadt. Ab diesem Tag patrouillieren Soldaten in den Strassen Santiagos. Dies macht die Bevölkerung jedoch nur noch wütender. Ein soziales Problem mit Gewalt zu unterdrücken ist keine Lösung für den Konflikt. Folgend versammeln sich ganze Mengen an Menschen um den Plaza Baquedano, dem Treffpunkt der Revolte und protestieren gegen die Unterdrückung und für ein besseres Gesundheits- und Bildungssystem. Für eine neue Verfassung. Patricio Guzmán hat schon in früheren Filmen die Diktatur in Chile filmisch verarbeitet. Doch selbst für ihn kamen die gewaltigen Proteste im Jahr 2019 unerwartet.
Mit Kochtöpfen und Steinen wird an die Mauern geschlagen. Ein Klang des Protestes. Ein Klang, der die aufgewühlten Menschen begleitet und bestärkt. An vorderster Front des Kampfes: Die Frauen. Mit Sprechgesängen setzen sie ein Zeichen, das einem unter die Haut geht. «El violador eres tú! Son los pacos, Los jueces, El estado, El presidente – Der Vergewaltiger bist du! Es sind die Polizisten, Die Richter, Der Staat, Der Präsident» Eine kraftvolle Protestaktion, mit eindeutiger Aussage und Beschuldigung. Doch nicht alle Aktionen gehen friedlich über die Bühne. Ausgerüstet mit Gasmasken oder einem Tuch über Kopf und Nase schützen sich die Demonstranten und Demonstrantinnen gegen das Tränengas des Militärs. Strassenschilder und aufgeschnittenen Metalltonnen dienen als Deckung für die starken Wasserstrahlen. Das grösste Gegenmittel der Demonstrierenden sind Steine. Ausgeschlagen aus den Strassen. Sie sind die Merkmale der chilenischen Proteste. Denn die Steine sind das, was übrigbleibt. Die Steine auf der Strasse und Verletzte im Spital. Manche mit einer Schusswunde, andere mit einem Auge weniger.
Im Fokus steht jedoch die Energie und Botschaft, die eine riesige Menge an Menschen erreicht und dafür sorgt, dass am 25. Oktober 2019 1.2 Millionen Menschen in Santiago de Chile demonstrieren. Es wird getanzt und Musik gemacht und gleichzeitig die Forderung nach einer neuen Verfassung verlangt. Einen Tag darauf kündet Piñera eine Regierungsänderung an. Die Veränderung der Verfassung ist kurz vor dem Eintreten. Die Forderung der Demonstrierenden wird umgesetzt. Das Ziel wird erreicht. Auch wenn die sozialen Umstände nicht vom einen auf den anderen Tag geschehen, ist der Grundstein für die Entwicklung gelegt.
Mit eindrücklichen Aufnahmen lässt einem Patricio Guzmán in eine Welt der Hoffnung eintauchen. Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Doch nicht nur filmisch, sondern auch inhaltlich überzeugt der Film. Die Geschichte der chilenischen Revolution wird einem näher gebracht und bekommt Einblicke aus näherster Front zu sehen. Interviews mit Demonstrierenden bringen den Zuschauer*innen die Gefühle näher und die Energie und Wichtigkeit dieses Themas wird deutlich gemacht. Kurzum also eine Dokumentation, die die 83 Minuten der Zuschauer*innen verdient.
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