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  • AutorenbildNoémi Müller

Rassismus - Sowas gibt’s noch?

Auf der Strasse höre ich Menschen. Menschen, die Worte aus sich herauslassen, bei denen ich mich frage, was genau ihr Gedankengang dahinter ist. Es ekelt mich. Ekelt mich, wenn ich Sätze höre, wie Ausländer*innen verspottet werden. Ekelt mich, wenn ich abwertende Blicke gegenüber anderer wie weisser Hautfarbe sehe. Doch was bringt mir Ekel?

Es regt etwas in mir an. Formt sich und nimmt Platz ein in meinem Körper. Eine gewisse Energie, so könnte man es beschrieben. Die einten nennen es Wut. Die anderen belassen es bei Ärger. Doch Ärger ist nicht genug. Nicht genug bei solchen Situationen, die mir alltäglich begegnen. Fast schon so als würden sie dazugehören. Auch Wut ist nicht genug. Denn was ist schon genug? Menschen werden aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe diskriminiert und bei mir bildet sich einfach ein wenig Wut? Nein, das ist nicht genug. Es braucht mehr als dieses Gefühl, das sich aufbaut, wenn ich an solchen Situationen vorbeigehe. Es braucht Aktionen. Es braucht Menschen.

Menschen, die sich zusammenschliessen und etwas gegen die tun, die solche Wörter aus sich herauslassen. Seien es Beleidigungen oder nur dumme Bemerkungen. Egal. Seien es Blicke oder körperliche Angriffe. Egal. Denn Diskriminierung ist Diskriminierung. Auch Blicke können verletzen. Ein komischer Blick. Ein abwertender Blick. Ein erniedrigender Blick. Ein geekelter Blick. Es ist und bleibt ein verletzender Blick. Ein Blick, der Spuren hinterlässt.

Aus diesem Grund braucht es Menschen. Solche, die eingreifen bei diskriminierenden Situationen. Die sich einmischen und das Mund öffnen. Solche, die nicht tagtäglich daran vorbeilaufen und sich dabei denken, dass das ja nicht ihre Angelegenheit ist. Wir brauchen Menschen, die sich bewusst sind, wieviel Diskriminierung verschiedenste, gleichwertige Menschen erleben müssen. Die sich bewusst sind, dass nicht jede*r Ausländer*in freiwillig hier ist. Dass es Kriege auf der Welt gibt, die Menschen dazu zwingen ihre Heimat zu verlassen. Ihre Geliebten hinter sich zu lassen und sich auf eine tödliche Reise zu begeben. Alles mit der Hoffnung auf Zukunft.

Man wird attackiert aufgrund von Sprache, Hautfarbe und Aussehen. Doch ich frage mich, was sagen diese Merkmale über uns aus? Wie kann ein Mensch aufgrund von äusserlichen Merkmalen schliessen, ob ich nun ein guter oder schlechter Mensch bin? Wie kann man mir Ansehen, ob ich Schweizer*in bin oder nicht? Woher will jemand wissen, was für ein Mensch ich bin, wenn er mich zum ersten Mal sieht? Ich sage ganz einfach: Es ist nicht möglich. Nicht möglich, da mein Aussehen keine Schlüsse auf meine Gedanken preisgibt. Nicht möglich, da mein Aussehen nicht auf mein Geburtsland zurückzuschliessen ist.

Trotzdem erzählen mir hier viele, dass es kein Rassismus gibt. Viele, die ihre Mäuler gross aufmachen und prallen, dass wir doch in einem Land leben, wo alle gleichberechtigt sind. Wir reden hier von der Schweiz. Der neutralen Schweiz. Der privilegierten Schweiz. Der Schweiz mit viel Reichtum und viel Geld. Der Schweiz, die an vielen Orten auf der Welt, als das «perfekte» Land abgestempelt wird. Doch haben wir uns diesen Stempel verdient? Nein! Läuft in der Schweiz alles so wie es sollte? Nein! Reden trotzdem immer alle darüber, wie gut wir es hier in der Schweiz haben? Ja!

Und mit wir, meine ich uns. Wir die weiss sind. Wir, die hier geboren sind. Wir, die Geld haben. Wir, die aus der privilegierten Sicht reden. Und schlussendlich sind es wir, die behaupten, dass es keinen Rassismus gibt. Doch was wissen wir denn schon? Genau das ist der springende Punkt. Der Punkt, der uns Klarheit schafft. Natürlich erfahren wir keinen Rassismus. Denn wir sind die, die andere unterdrücken.

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